Freitag, 2. Dezember 2011


Mutige Städtebauer
Knysna ist ein faszinierendes Städtchen. Ein Kleinod in der heftig umzäunten Welt zwischen schwarz und weiss. Da gibt es bis 1999 eine Insel  vor der Stadt, welche mit einer wirklich hässlichen und veralteten Schwerindustrie aus den 50-er Jahren belegt ist. Irgendwelche mutige Städtebauer haben sich mit den Behörden zusammengerauft und innerhalb von fünf Jahren die gesamten Industriewracks umgenutzt und in ein traumhaftes Städtchen verwandelt. Aufgrund der Inselsituation entsteht eine organische Kontrollsituation.
Lustiges Wort, „organische Kontrollsituation“ ja klar, aber Kontrolle und Schutz sind  ein Dauerbrenner hier in Südafrika. Auf der einen Seite sind die wunderbaren Bilder der Landschaften. Hinter den Bildern jedoch prallen zwei Kulturen aufeinander, welche unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die Kultur des Schwarz-Afrika, welche nur im Heute lebt. Es gibt kaum Planung, kein Überlegen was die Handlung von heute für Folgen im Morgen hat. Daraus entsteht das „easy life“. Das hat – wie alles auf der Welt – seine schönen wie auch schwierigen Seiten. Ein lockerer Umgang im „daily business“ ist das Eine. Das Fehlen von Nahrung am nächsten Tag dann das Andere.
Die weissen Südafrikaner ticken genau anders rum. Durch ihren umsichtigen Umgang mit ihren Ressourcen wie Arbeitskraft, Geld und dem Willen etwas erschaffen zu wollen, sind sie es, welche die schönen Weingüter, die grossen Farmen und Hotels am Leben erhalten. Nun ist logisch, dass wenn die Einen am nächsten Tag nichts mehr zu essen haben und sehen dass die Anderen mit vollem Bauch rumspazieren, die Versuchung besteht, sich dessen Erzeugnisse zu bemächtigen.
Daraus folgt dann, dass sich diejenigen die etwas haben mit Starkstromzäunen einigeln um sich vor den Anderen, die ihnen buchstäblich ans „Lebige“ wollen, zu schützen. Dieser Umstand ist umso intensiver, weil 10% der Bevölkerung weiss ist und das Land mehr oder weniger – aus der weissen Kultursicht gesprochen – am Laufen hält. Mit anderen Worten,10%  weiss fühlt sich von 90% schwarz in latenter Bedrohung. Auch wir können unsere weisse Kulturherkunft nicht verleugnen und merken erst hier in Knysna, unter welchem laufenden Druck wir im Land eigentlich reisen.
Durch die eben oben erwähnte „organische Kontrolle“ gelangen kaum schwarze „pleas give me‘s…“ auf die Insel. Jedoch ohne Kontrollposten. Irgendwie gibt’s hier eine unsichtbare Grenze die ohne Kontrollposten und Stacheldraht funktioniert. Das führt dazu, dass die Häuser hier kaum Schutzzäune haben. Plötzlich sehen wir Gärten wo sonst Mauern sind. Ein Leben ohne dauernde Kontrolle – wo ist der Pass, in welcher Tasche ist welches Geld, wo steht das Auto ohne dass die Scheiben eingeschlagen werden etc. – ist hier ganz sachte wieder möglich. Wir merken, wie wir selber unter demselben Druck durch das Land reisen, wie die weissen Menschen hier leben. Es fühlt sich wirklich eigenartig an, plötzlich zu einer Minderheit zu gehören und Rassismus am eigenen Leibe in einer ganz speziellen Sichtweise selber zu erfahren. Check it out: http://www.thesenisland.co.za/

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