Mutige Städtebauer
Knysna ist ein faszinierendes Städtchen. Ein Kleinod in der
heftig umzäunten Welt zwischen schwarz und weiss. Da gibt es bis 1999 eine
Insel vor der Stadt, welche mit einer
wirklich hässlichen und veralteten Schwerindustrie aus den 50-er Jahren belegt
ist. Irgendwelche mutige Städtebauer haben sich mit den Behörden
zusammengerauft und innerhalb von fünf Jahren die gesamten Industriewracks
umgenutzt und in ein traumhaftes Städtchen verwandelt. Aufgrund der
Inselsituation entsteht eine organische Kontrollsituation.
Lustiges Wort, „organische Kontrollsituation“ ja klar, aber
Kontrolle und Schutz sind ein
Dauerbrenner hier in Südafrika. Auf der einen Seite sind die wunderbaren Bilder
der Landschaften. Hinter den Bildern jedoch prallen zwei Kulturen aufeinander,
welche unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die Kultur des Schwarz-Afrika, welche nur im Heute lebt. Es
gibt kaum Planung, kein Überlegen was die Handlung von heute für Folgen im
Morgen hat. Daraus entsteht das „easy life“. Das hat – wie alles auf der Welt –
seine schönen wie auch schwierigen Seiten. Ein lockerer Umgang im „daily
business“ ist das Eine. Das Fehlen von Nahrung am nächsten Tag dann das Andere.
Die weissen Südafrikaner ticken genau anders rum. Durch
ihren umsichtigen Umgang mit ihren Ressourcen wie Arbeitskraft, Geld und dem
Willen etwas erschaffen zu wollen, sind sie es, welche die schönen Weingüter,
die grossen Farmen und Hotels am Leben erhalten. Nun ist logisch, dass wenn die
Einen am nächsten Tag nichts mehr zu essen haben und sehen dass die Anderen mit
vollem Bauch rumspazieren, die Versuchung besteht, sich dessen Erzeugnisse zu
bemächtigen.
Daraus folgt dann, dass sich diejenigen die etwas haben mit
Starkstromzäunen einigeln um sich vor den Anderen, die ihnen buchstäblich ans
„Lebige“ wollen, zu schützen. Dieser Umstand ist umso intensiver, weil 10% der
Bevölkerung weiss ist und das Land mehr oder weniger – aus der weissen
Kultursicht gesprochen – am Laufen hält. Mit anderen Worten,10% weiss fühlt sich von 90% schwarz in latenter
Bedrohung. Auch wir können unsere weisse Kulturherkunft nicht verleugnen und
merken erst hier in Knysna, unter welchem laufenden Druck wir im Land eigentlich
reisen.
Durch die eben oben erwähnte „organische Kontrolle“ gelangen
kaum schwarze „pleas give me‘s…“ auf die Insel. Jedoch ohne Kontrollposten.
Irgendwie gibt’s hier eine unsichtbare Grenze die ohne Kontrollposten und
Stacheldraht funktioniert. Das führt dazu, dass die Häuser hier kaum
Schutzzäune haben. Plötzlich sehen wir Gärten wo sonst Mauern sind. Ein Leben
ohne dauernde Kontrolle – wo ist der Pass, in welcher Tasche ist welches Geld,
wo steht das Auto ohne dass die Scheiben eingeschlagen werden etc. – ist hier
ganz sachte wieder möglich. Wir merken, wie wir selber unter demselben Druck
durch das Land reisen, wie die weissen Menschen hier leben. Es fühlt sich
wirklich eigenartig an, plötzlich zu einer Minderheit zu gehören und Rassismus
am eigenen Leibe in einer ganz speziellen Sichtweise selber zu erfahren. Check
it out: http://www.thesenisland.co.za/
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